Medizinstudienplätze reichen nicht: Deutschland steuert auf Ärztemangel zu

Eine Analyse des Centrums für Hochschulentwicklung zeigt gravierende Unterschiede zwischen den Bundesländern und warnt: Ohne massive Ausweitung der Studienkapazitäten droht eine strukturelle Unterversorgung.

10.10.2025

Die Untersuchung des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) verdeutlicht das Ausmaß des Ärztemangels in Deutschland - und zeigt: Das Angebot an Medizinstudienplätzen reicht bei weitem nicht aus, um den künftigen Bedarf zu decken. Trotz steigender Bewerberzahlen stagniert die Zahl der Studienplätze nahezu, während regionale Unterschiede die Versorgungslage zusätzlich verschärfen.


Zentrale Ergebnisse der CHE-Analyse

  • Zu wenige Studienplätze:

    • Zum Wintersemester 2024/25 konnten rund 10.000 Erstsemester ein Medizinstudium aufnehmen.

    • Etwa 20.000 Bewerber gingen leer aus - doppelt so viele, wie tatsächlich zugelassen wurden.

    • Vor rund 10 Jahren lag die Zahl der Plätze bei etwa 9.000 - ein Zuwachs von nur ca. 1.000 Plätzen in fast einem Jahrzehnt.

  • Große Unterschiede zwischen den Bundesländern:

    • Nordrhein-Westfalen bildet mit 2.334 Erstsemestern die meisten angehenden Mediziner aus - das entspricht 13 Studienplätzen pro 100.000 Einwohner.

    • Saarland (29 Plätze je 100.000 Einwohner) und Mecklenburg-Vorpommern (26 Plätze) liegen deutlich vorn.

    • Länder wie Baden-Württemberg und Thüringen liegen im Mittelfeld.

    • Brandenburg und Bremen bieten bislang gar keine staatlichen Medizinstudiengänge an.

    • Erst im Wintersemester 2026/27 soll in Brandenburg die Medizinische Universität Lausitz ihren Betrieb aufnehmen.

  • Hohe Kosten als Hemmnis:

    • Medizinische Fakultäten gehören zu den teuersten Hochschulbereichen.

    • Laut Statistischem Bundesamt liegen die jährlichen Kosten pro Studierendem bei ca. 25.000 € im Bereich Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften.

    • Diese hohen Ausgaben bremsen laut CHE das Engagement vieler Länder beim Ausbau neuer Fakultäten.


Der „Klebeeffekt" - medizinischer Nachwuchs bleibt häufig vor Ort

  • Laut CHE-Studie profitieren Regionen mit eigener medizinischer Fakultät langfristig von einer höheren Arztdichte.

  • Absolventen neigen dazu, sich in der Nähe ihres Studienorts niederzulassen - ein Effekt, der vor allem Hamburg, Berlin, Köln/Bonn, München, Heidelberg, Freiburg und Lübeck zugutekommt.

  • Studienautor Cort-Denis Hachmeister betont, dass die Ansiedlung von Fakultäten ein entscheidender Hebel für die regionale Versorgung sei.


Fachkräftemangel bleibt bestehen

  • Trotz punktueller Neugründungen und privater Hochschulangebote reicht die aktuelle Kapazität nicht aus, um den steigenden Bedarf zu decken.

  • Private Universitäten bieten jährlich rund 1.500 Studienplätze an.

  • Etwa 9.100 Studierende aus Deutschland weichen für das Medizinstudium ins Ausland aus - der Rückfluss in den deutschen Arbeitsmarkt ist jedoch ungewiss.

  • Der Sozialverband Deutschland (SoVD) warnt, dass die wohnortnahe Gesundheitsversorgung in vielen Regionen zunehmend gefährdet ist.


Forderungen und Lösungsansätze

  • Deutliche Ausweitung der Studienkapazitäten an staatlichen Universitäten.

  • Bundesweit abgestimmte Strategie zur Ärzteausbildung, um regionale Lücken zu schließen.

  • Förderprogramme und Landarztstipendien sollen gestärkt werden, um Nachwuchs gezielt in unterversorgte Regionen zu lenken.

  • Langfristig müsse die Ausbildung flächendeckend und planbar gestaltet werden, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten.


--> Trotz steigender Nachfrage stagniert die Zahl der Medizinstudienplätze bei rund 10.000 pro Jahr - viel zu wenig, um den Ärztemangel zu stoppen. Ohne koordinierte Ausbaupläne, gezielte Förderung und mehr Studienkapazitäten droht Deutschland eine dauerhafte Unterversorgung.